Rover 5/6 h.p. Twin
Baujahr: 1917
Leistung: 15 PS
Hubraum: 686 ccm
Motor: Fahrtwind gekühlter 2-Zylinder, 4-Takt
Vorbesitzer: unbekannt
Neupreis: unbekannt
Leistung: 15 PS
Hubraum: 686 ccm
Motor: Fahrtwind gekühlter 2-Zylinder, 4-Takt
Vorbesitzer: unbekannt
Neupreis: unbekannt
Rovercraft
To rove: wandern, umherstreifen. So kann man das Verb übersetzen, das den Ursprung des Namens Rover begründete. Interessanter Weise fand der Name sein deutsches Äquivalent in der Marke Wanderer, ohne dass Kontakte zwischen beiden Firmen jemals aktenkundig geworden wären.
Zu Beginn der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts plante der Brite John Kemp Starley, bessere Fahrräder als die Anderen zu bauen. Sein Onkel Jack, der bereits Hochräder produzierte, förderte das Untenehmen, so dass John Starley schon in jungen Jahren in Conventry selbständig wurde. Neben den ordinaries, also Hochrädern, baute John 1884 das erste Fahrzeug mit dem Namen Rover. Es handelte sich um ein tretkurbelgetriebenes Dreirad, das zu sicheren Ausflügen animierte. Ein Jahr später gelang es Starley, das Produkt zu schaffen, dessen Grundidee in jedem heutigen Fahrrad zu finden ist. Sein "Safety"-Fahrrad Starleys besaß gleich große Räder und einen Kettenantrieb für die Übertragung der Tretkurbelbewegung auf das Hinterrad. Das wahre Fahrrad war geboren! Auf dem Höhepunkt des nun einsetz-enden Booms, der bald nach der Erfindung des Niederrades durch die Luftbereifung massiv in Schwung kam, wurde der Name Rover zum bekannten Markenzeichen und die 1896 ins Leben gerufene "Rover Cycle Company" in Conventry konnte kräftig expandieren. Rover sollte eine derartige Bedeutung auf dem Fahrradmarkt erlangen, dass selbst im Brockhaus von 1901 ein Sicherheitsfahrrad als "Herren-Rover" abgebildet war!
Ein importierter Peugeot-Motor motorisierte 1899 das erste Mal ein Rover-Fahrrad, und die Marke präsentierte am 24. November 1902 ihr erstes Motorrad.
Die Imperial Rover 2,5 hp setzte sogleich Maßstäbe: Ein eigener Motor erzeugte von dem Wunsch nach Modernität. Beide Ventile des Seitenventilers waren mechanisch gesteuert, und ein moderner Zerstäubervergaser machte Schluss mit den Unzulänglichkeiten der Oberflächenvergaser. Charakteristisch neben dem modernen Triebwerk war der Rahmen, der nicht nur, wie bei Laurin & Klement so typisch, unter dem Kurbelhaus in einem Halbkreis verlief, sondern auch zwei übereinander liegende Brustrohre vom Triebwerk zum Lenkkopf besaß. Erdacht hatte die Maschine Edmund Lewis, ein fähiger Konstrukteur, den die Rover-Direktion bei British-Daimler, damals die führende Automobil-Marke auf der Insel, abgeworben hatte.
Im ersten Weltkrieg wurde Rover natürlich in die Rüstungsmaschinerie eingespannt, der Motorradbau lief jedoch als Nebenzweig weiter. Es gab sogar eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Die 1915er Modelle erhielten serienmäßig ein eigenes Dreiganggetriebe und einen gekapselten Primärantrieb. Die sehr leise abrollende Zahnkette lief nun im Ölbad im Leichtmetallgehäuse. Öldichte Primärkästen sollten bei anderen britischen Herstellern zum Teil bis in die späten sechziger Jahre auf sich warten lassen. Das Getriebe besaß nur das Gangrad des zweiten Gangs als Schieberad, bei dem Klauen auf beiden Seiten für entsprechenden Kraftschluss sorgten. Als Nebeneffekt des neuen Getriebes konnte das vordere Antriebsriemenrad deutlich größer gehalten werden, was die Knickwinkel des Riemens und dessen Wirkungsgrad, seine Lebensdauer und die Betriebssicherheit bei Nässe verbesserte. Noch dazu wurde der Riemen besser vor Schlamm und Nässe geschützt, was seine Leistungsfähigkeit weiter verbesserte.
Das V 2-Triebwerk der neuen Maschine fertigte Rover allerdings nicht selbst, sondern ließ es von John Alfred Prestwich (JAP) in London zuliefern. Große Stück-zahlen kamen allerdings nie zustande: 1918 standen bei der britischen Armee 386 Rover-Motorrädern mehr als 18.000 Douglas und knapp 18.000 Triumph gegenüber!
Den Einsatzbedingungen in Russland wurde nicht nur durch die bekannt solide Verarbeitung Rechnung getragen, sondern auch in Form zahlreicher Details, die die Einsatzbereitschaft verbessern sollten. So besaß der Kraftstofftank am tiefsten Punkt einen abnehmbaren Sumpf, in dem sich Wasser und Schmutz sammeln konnten, bevor sie in den Vergaser gerieten. Fußrasten ersetzten die Trittbretter, und dünnere Schutzbleche konnten sich nicht so leicht mit dem Schlamm der Pisten zusetzen. Zugunsten der Bodenfreiheit lag sogar der Motor etwas höher im Rahmen! Die wichtigste Änderung war der Abschied vom Riemen. Nun trieb eine Kette im Kettenkasten das Hinterrad an. Als Sekundärkette fand eine Brampton Spring Link Chain Verwendung, deren äußere Laschen jeweils mit einer Schraubenfeder verbunden waren. Das sollte weichen Lauf der Kette auch bei niedrigen Drehzahlen garantieren!
The Motor Cycle war im April 1917 voll des Lobes über diese durchdachte und robuste Allroundmaschine und sprach die Hoffnung aus, das bald auch zivile Kunden in aller Welt dieses Motorrad kaufen könnten. Tatsächlich baute Rover nach dem Kriegsende sowohl die Ein- als auch die Zweizylindermodelle weiter. Nach dem ersten Weltkrieg erschien zudem das TT-Modell als aufgebohrte 550er. Bis 1922 gab es noch Modelle mit Riemenantrieb, dann ausschließlich Ketten zum Hinterrad. 1923 ergänzte ein kopfgesteuerter 250er-Blockmotor das Programm nach unten, dem internationalen Trend zum Leichtmotorrad folgend. Auf dieser Basis erschien 1924 noch eine 350er, die jedoch kaum Verbreitung fand, da sich Rover zugunsten des PKW gegen den Motorradbau entschied. Enthusiasten bedauerten diesen Schritt. Rover-Maschinen waren niemals sehr sportlich gewesen, aber benutzerfreundlich gebaut, dabei sehr robust, ausdauernd und stabil. Genau die richtigen Motorräder, um viel herumzustreifen!
Artikel aus der Oldtimerfachzeitschrift "Oldtimer Markt" 11/2005
Text: Andy Schwietzer
Fotos: Stephan Lindloff